Interview

 

 

Interview zwischen Raiko Schwalbe, Gründer der ARTMUC, und Walter Kuhn, Aktionskünstler und Initiator des Kolibri-Kunst-Kabinetts vom 10. Sept. 2025

W.K. 
Herr Schwalbe, bei der nächsten ARTMUC im Oktober ist es nun schon zum sechsten Mal, dass Sie unserem KOLIBRI-KUNST-KABINETT anbieten, mit einem eigenen Stand kostenfrei dabei zu sein. Seit wann gibt es die ARTMUC schon, und wie kamen Sie auf die Idee, so eine Messe in München zu etablieren? 

 

R.S. Die erste ARTMUC hat es im Jahr 2014 gegeben. Und wir verstehen uns seither als eine Plattform für zeitgenössische Kunst, mit dem Anspruch, „spannende Kunst“ zu bieten, die man sich leisten kann. Damit wollen wir uns auch ganz bewusst ein wenig vom etablierten – oft elitären – Kunstsystem unterscheiden. Wir wollen, dass besonders auch junge und aufstrebende Künstler:innen bei uns eine Plattform bekommen, sich zu präsentieren, aber natürlich auch zu verkaufen.

W.K. Wieviele Künstler:innen haben denn bei der ARTMUC schon ausgestellt und wie werden diese ausgewählt?

 

R.S. Oh je, wie viele das sind, kann ich gar nicht so genau sagen, aber es sind sicherlich in den 12 Jahren unseres Bestehens mehr als 1500 Künstler:innen und 350 Galerien und Projekte, mit denen wir bisher zusammengearbeitet haben. Bei der Auswahl durch unsere Jury, da geht es natürlich zuerst um Qualität, aber auch darum, dass die Künstler:innen etwas „Eigenes“ mitbringen, einen eigenen Stil. Und wir achten auch auf Vielfalt. Kunst soll also nicht nur aus einem bestimmten Bereich kommen sondern aus vielen verschiedenen Richtungen.

W.K. Wie viele Bewerbungen gibt es denn so im Durchschnitt für eine Teilnahme an der ARTMUC und wie viele werden schließlich ausgewählt?

 

R.S. Wir hatten in den letzten Jahren immer zwischen ca. 450 bis 500 Bewerbungen und konnten dann etwa 200 davon zusagen.

W.K. Welchen Anteil haben migrantische Künstler:innen bzw. Künstler:innen aus unterschiedlichen Ländern auf der ARTMUC und wie erleben Sie die Zusammenarbeit mit ihnen?

 

R.S. Wie viele Künstler:innen mit Migrationshintergrund teilnehmen, kann ich gar nicht wirklich sagen. Es sind ja auch welche dabei, die schon lange in Deutschland leben. Aber beim nächsten Mal, jetzt im Oktober, sind wir sehr stolz darauf, dass wir knapp 1/3 der ausstellenden Künster:innen und Galerien aus mehr als 15 Ländern und 5 Kontinenten unter unseren Gästen haben. Neben Europa z.B. auch aus Indien, Thailand, Uganda, den USA usw….. Und so wie ich meine, dass Migranten und Migrantinnen eine Bereicherung für unsere Gesellschaft sind, so gilt das natürlich ebenfalls für die Kunstwelt ganz allgemein. Es ist unheimlich spannend, zu sehen, wie sich Kulturen gegenseitig befruchten und inspirieren können.

W.K. Wie kam es denn zu der Zusammenarbeit zwischen dem KOLIBRI-KUNST-KABINETT und Ihnen?

 

R.S. Na ja, das war schon in der Zeit, als wir unsere Ausstellungen noch auf der Praterinsel hatten. Ich habe damals von Ihrer Unterstützung von Geflohenen und Migrant:innen gehört und von der Idee, dafür mit Kunst Geld zu sammeln. Und das hat mir gefallen. Und dazu kommt, dass sich auf Ihrer Website schon immer Kunstwerke von erstaunlich hoher Qualität finden lassen, die wir auch ohne Zögern auf der ARTMUC präsentieren können. Und schließlich gab es da ja auch von Anfang an ein gutes Vertrauensverhältnis zu Ihnen, auch weil ich ja von Ihrem großen Projekt mit den Mohnblumen auf dem Königsplatz wusste, dass Sie gut organisieren können.

W.K. Wir sind Ihnen sehr dankbar, dass wir mit unserer Idee bei Ihnen auf offene Ohren gestoßen sind. Ich finde es schön, dass in Ihrem Konzept immer auch noch etwas Platz ist für soziale Projekte: Mit welchen anderen Projekten arbeiten Sie noch zusammen?

 

R.S. Da gibt es auch noch das ARTMUC Gallery Projekt, bei dem sich Künstler:innen aus finanziell schwächeren Regionen kostenlos präsentieren können oder die Kooperation mit dem „Lions-Edition“ Charity Projekt von Otto Piene, oder das Projekt „Soroptimisten“, wo es um die Bekämpfung von Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen geht.

 

W.K. Malen Sie eigentlich selbst oder Ihre Kinder?

 

R.S. Ich bin eher ein Kunstfreud als selbst ein Kunstschaffender. Aber wenn ich mir die Bilder meiner Kinder ansehe, dann kann ich Picassos Ausspruch gut nachvollziehen, der sagt, dass eigentlich in jedem Kind ein Künstler steckt. Das Problem ist nur, ein Künstler zu bleiben, wenn man erwachsen wird.

 

W.K. Na ja: vielleicht dürfen sie eines Tages ja auch einmal auf der ARTMUC ausstellen.
Wohin soll sich die ARTMUC Ihrer Meinung nach in den nächsten Jahren entwickeln? Gibt es ein Ziel oder eine Vision, die Sie besonders antreibt?

 

R.S. Wir wollen die ARTMUC als eine feste Größe in der deutschen und europäischen Kunstszene weiter etablieren. Mein Ziel ist es, den Austausch zwischen internationalen Künstler:innen noch mehr zu fördern und München als Standort für zeitgenössische Kunst sichtbarer zu machen. Außerdem möchten wir noch stärker digitale Formate einbinden, um auch jüngere Zielgruppen anzusprechen.

 

W.K. Was wünschen Sie sich von der Münchner Stadtgesellschaft und der Politik, um die unabhängige Kunstszene noch stärker zu fördern?

 

R.S. Ich wünsche mir, dass die Stadt mutiger investiert – nicht nur in die großen Häuser, sondern auch in die freie Szene. Es braucht mehr bezahlbare Ausstellungsflächen und Ateliers. Dazu weitere Förderprogramme für junge Künstler:innen und eine bessere Vernetzung zwischen Kunst, Wirtschaft und Gesellschaft. Wenn wir das schaffen, kann München noch viel stärker als kreative Stadt wahrgenommen werden.

 

W.K. Und zum Schluss: Gibt es ein persönliches Erlebnis auf der ARTMUC, das Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben ist?

 

R.S. Da gibt es viele – aber eines, das mir besonders naheging, war eine junge Künstlerin, die auf der ARTMUC ihr erstes Bild verkauft hat und mit Tränen in den Augen zu mir kam. Da merkt man, wie wichtig so eine Plattform sein kann und dass wir mit unserer Arbeit tatsächlich etwas bewegen.

 


W.K. Jedenfalls wünsche ich Ihnen weiterhin viel Erfolg und dass die ARTMUC auch in Zukunft ein Highlight in der Münchner Kunstszene bleiben wird. Vielen herzlichen Dank.

 


Die nächste ARTMUC findet vom 10. bis 12. Oktober 2025 statt. Das KOLIBRI-KUNST-KABINETT präsentiert sich dort am Stand 27 b.
Nähere Auskünfte siehe
https://artmuc.info